„Gerechter Interessenausgleich“

Klage von NS-Zwangsarbeitern vor dem Verfassungsgericht abgewiesen, gestern.

Wir sollten die Rubrik „Unrecht“ schaffen.

Aber das passt ja meist zur Rubrik „Recht“.

Wenn deutsche Richter, und dazu noch Verfassungsrichter von einem „gerechten Ausgleich“ sprechen, dann erscheint es wieder verständlich, dass in diesem Land Zwangsarbeiter und KZ entstanden sind. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht und Gemüt …aber „deutsche Richter“ sind meist schrecklich. Das bewiesen sie vor allem todes-mutig…(um andere in den Tod zu schicken)..in der Nazi-Diktatur. Hier der Artikel zu dem SCHMACH- und SCHAND-Urteil von gestern:
Dienstag 4. Januar 2005,

«Gerechter Interessenausgleich» – Karlsruhe billigt Zwangsarbeiter-Entschädigung – Grundsatzbeschluss wegen Beschwerde zu IG Farben

Karlsruhe (ddp). Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzliche Regelung zur Entschädigung von früheren NS-Zwangsarbeitern als «gerechten Interessenausgleich» gebilligt. Dies gelte «ungeachtet der vielen Unzulänglichkeiten, mit denen eine so späte und so schwierige Bewältigung der Unrechtsfolgen verbunden sein musste», heißt es in der am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Grundsatzentscheidung.

Eine Verfassungsbeschwerde von vier ehemaligen NS-Zwangsarbeitern, die in einem Betrieb der IG Farben in Auschwitz eingesetzt waren, wurde verworfen. Die Beschwerdeführer – von denen einer inzwischen verstorben ist und durch seine Erbin vertreten wird – wollten über den gesetzlichen Entschädigungsfonds hinausgehende Ansprüche geltend machen. Die zwischen 1915 und 1925 geborenen Männer verlangten Schadenersatz und Schmerzensgeld zwischen rund 20 860 Euro und rund 36 000 Euro von der IG Farben, die sich in Abwicklung befindet. Die Klagen waren zuvor in zivilgerichtlichen Verfahren bis hin zum Bundesgerichtshof abgewiesen worden.

Das Verfassungsgericht betonte jetzt, der Gesetzgeber habe mit dem Entschädigungsfonds der Stiftung «Erinnerung, Verantwortung und Zukunft» eine «auf einen gerechten Interessenausgleich zielende Gesamtregelung vorgenommen». Der Gesetzgeber habe eine «pauschale Regelung» treffen dürfen, wonach die Leistungsberechtigten Ansprüche bis zu 15 000 Mark (rund 7670 Euro) gegen die Stiftung erhalten und weitergehende Ansprüche gegen die Bundesrepublik oder deutsche Unternehmen ausgeschlossen sind. Die Gelder aus dem fünf Milliarden Euro umfassenden Fonds kommen je zur Hälfte von der deutschen Wirtschaft und dem Bund.

Im Juni 2001 hatte die Stiftung mit den Auszahlungen an die bis zu 1,7 Millionen Leistungsberechtigten begonnen. Die Auszahlungen sollen bis Mai 2005 abgeschlossen werden. «Die Errichtung der Stiftung stellte eine späte entschädigungsrechtliche Anerkennung des den Zwangsarbeitern zugefügten Unrechts dar», betonte das Verfassungsgericht. Die Zahlungen sollten «Finanzwert und Symbolwert» haben. Ohne die Errichtung der Stiftung hätte «wenn überhaupt, nur ein äußerst geringer Bruchteil der früheren Zwangsarbeiter die an sich bestehenden Ansprüche tatsächlich durchsetzen können», heißt es in dem Beschluss. Den einzelnen Betroffenen treffe daher eine «begrenzte Pflicht», die gefundene Regelung hinzunehmen. Eine Gerichtssprecherin sagte, das Verfassungsgericht habe mit der jetzigen Entscheidung erstmals grundsätzlich zu dem Stiftungsgesetz Stellung genommen.

Der Erste Senat unterstrich, dass die durch die Stiftung bewirkte Belastung der deutschen Wirtschaft «gering» sei – gemessen an dem Unrecht, das den Zwangsarbeitern zugefügt wurde und den Vorteilen, die den Unternehmen zuflossen. Es sei jedoch um «Leistungen an die geschädigten Zwangsarbeiter, nicht aber um eine Sanktion gegen Unternehmen» gegangen. (AZ: 1 BvR 1804/03 – Beschluss vom 7. Dezember 2004)

Die IG Farben befindet sich seit über 50 Jahren in Abwicklung. In dem einstmals größten Chemiekonzern der Welt waren bis 1945 unter anderem die Konzerne Hoechst, Bayer und BASF zusammengeschlossen. Nach 1945 entschied der Alliierte Kontrollrat, die IG Farben zu enteignen.

Die vier Beschwerdeführer mussten als Häftlinge des KZ Auschwitz-Monowitz Zwangsarbeit in dem dortigen Betrieb der IG Farbenindustrie AG leisten. Mit dem Gas Zyklon B, das eine mit der IG Farben verbundene Gesellschaft vertrieb, wurden in den NS-Vernichtungslagern Hunderttausende Menschen umgebracht. (Quelle: Gerichtssprecherin auf ddp-Anfrage)

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