FILMKRITIK – übernommen von AP aus Yahoo/Nachrichten : (nicht unköstlich, die Kritik).
FEM hat den Film von Romuald Karmakar selbst noch nicht gesehen.
Daher die AP-Kritik zur Info – ! /Ohne Gewähr.
Mittwoch 11. Februar 2004,
«Ich halte das nicht mehr aus»
Berlin (AP) Mit Romuald Karmakars Beziehungstragödie «Die Nacht singt ihre Lieder» ist am Mittwoch im Wettbewerb der 54. Internationalen Berliner Filmfestspiele die erste deutsche Produktion gelaufen. Dabei drückte der allererste Dialogsatz in dem Film, gesprochen von der namenlos bleibenden jungen Frau, genau das aus, was der Betrachter in den 95 Minuten Laufzeit immer öfter und immer drängender empfindet: «Ich halte das nicht mehr aus».
Denn Karmakar setzt das Publikum einem «Folterkammerspiel» aus, das in seiner Tristesse, mit der ein junges, doch bereits restlos gescheitertes Paar gezeigt wird, teils unerträglich zäh, teils aber auch unfreiwillig lächerlich wirkt. Einzig das unerbittlich tragische Ende kann jene Erschütterung bewirken, die der Regisseur in seinen gesamten Film sicherlich zu provozieren beabsichtigte. Doch wie er das Geschehen, basierend auf einem Theaterstück des norwegischen Dramatikers Jan Fosse, in Szene gesetzt hat, ist nicht nur quälend, sondern auch gequält.
Gezeigt werden zähe Auseinandersetzungen zwischen einer jungen Mutter, die völlig frustriert ist von ihrer Ehe mit einem gleichfalls namenlos bleibenden jungen Mann. Dieser, ein notorischer Versager, ist in völliger Passivität erstarrt. Die Frau wirft ihm diese vor, geht aus und hat auch, wie sich erweist, ein Verhältnis mit einem anderen Mann, der später noch ins Spiel kommt. Ansonsten schafft nur ein deprimierender Besuch der Eltern des Mannes sowie der nächtliche Disco-Trip der Frau ein wenig Abwechslung im nervtötenden Duell des Paares, bei dem sie meist redet und er, verkörpert von Frank Giering, fast immer stumm leidet.
Was diesen gründlich missglückten Wettbewerbsbeitrag vorm Absturz ins völlige Debakel rettet, ist die überragende Darstellung der bislang wenig bekannten Anne Ratte-Polle als junge Frau. Die derzeit am Staatstheater Hannover engagierte Schauspielerin fasziniert mit ihrer Mischung aus Strenge und Zartheit. Ihr klares, schönes Gesicht gibt in vielen Großaufnahmen dem Film jenes Profil, das die entsetzlich eintönigen Dialoge und das extrem handlungsarme Geschehen ganz und gar nicht zu vermitteln vermögen. Im Grunde ist «Die Nacht singt ihre Lieder» lediglich abgefilmtes Sprechtheater. Karmakar traut nur in der allerletzten Einstellung vorbehaltlos der Sprache des Bildes – aber warum macht er dann Filme?
Leider wird dieser Berlinale-Beitrag gerade das internationale Publikum, das auf dem Festival ja in großer Zahl vertreten ist, in allen tiefsitzenden Vorurteilen gegenüber deutscher Filmkost bestätigen. Im Vergleich zu Karmakars Streifen waren die gewiss auch schwerblütigen dänischen und schwedischen Beiträge im Wettbewerb geradezu hektisch unterhaltsam.
Es gibt keinerlei Pflicht, um jeden Preis Gute-Laune-Filme herzustellen, schon gar nicht für ernsthafte Festivals. Aber es ist auch unsinnig, sich in Projekte zu verbeißen, die zur unfreiwilligen Lachnummer werden und nur eingefleischte Masochisten ab Donnerstag nächste Woche ins Kino locken werden.
http://www.berlinale.de/